28. Februar 2005   -   Stuttgart, Liederhalle

Fotos von Hans-Georg Baer

Ein Bericht von Hans-Georg Krumm

Stuttgart, Liederhalle-Hegelsaal kurz nach 20 Uhr: im Foyer werden die letzten dort Weilenden akustisch angewiesen, ihre Plätze einzuweisen, Platzanweiser helfen den Suchenden diese zu finden und dann beginnt das vorerst letzte Konzert (und das Einzige außerhalb von NRW) eines ungewöhnlichen Projektes: Wolfgang Niedecken und die WDR Big Band vertonen BAP- (und andere) Songs zum Thema Köln. Doch zunächst gibt es eine kleine Einleitung des Produzenten des Projektes: die Verspätung sei auf die BAP Fans bekannte Huldigung vor dem Altar samt Feuerwasser zurückzuführen aber schließlich kommt zunächst die Big Band, dann musikalische Gäste (klar: Gitarrist Helmut Krumminga und Sängerin Renate Otta) und dann Wolfgang Niedecken auf die Bühne. Kurze Begrüßung, die Musiker setzen sich (das Publikum sitzt ja schon) und los geht es mit "Für ne Moment" und "Mit Wolke schwaade".
OK, das mit dem Sitzen erinnert etwas an die Tonfilm Tournee, ansonsten aber läuft da auf der Bühne was ganz Einzigartiges ab: bekannte Songs in einem neuen Soundgewand, das dazu beiträgt, dass viele Nuancen der Lieder besser zu erkennen sind. "Stadt im Niemandsland" etwa: Wolfgang Niedecken macht keinen Hehl daraus, dass er die ursprüngliche Fassung wegen der"Final Countdown" ähnlichen Fanfare nie gemocht hat - in der "Niedecken Köln" Fassung hingegen gewinnt das Lied. Oder die Soli: statt der gewohnten Soli von Helmut gibt es in der ersten Hälfte des Konzerts immer wieder Gelegenheit, dass fast jeder Musiker der Big Band (es müssen so ca. 20 Leute sein), nach vorne kommen kann, um ein Solo zu spielen. Ein unglaublich relaxte Atmosphäre herrscht in der ersten Hälfte des Konzerts, die dazu beiträgt, dass Niedecken zu fast jedem Song eine Geschichte zum Besten gibt. Der gute alte "Jupp" sei da beispielhaft genannt: zum ersten Mal seit Anfang der 80ziger höre ich mal wieder die Entstehungsgeschichte des Liedes (Stichwort: "der Hund ist der beste Freund des Menschen"), untermalt von einem Big Band Mitglied, das Leergut in Plastiktüten auf die Bühne schleppt. "Köln Songs" bilden den Schwerpunkt des Programms, hier und da aber auch Ausnahmen, wie z.B. "Wie schön dat wöhr". Und eine Coverversion gab es auch: Zeltingers Klassiker "Müngersdorfer Stadion" wird thematisch bei "Hück ess sing Band en der Stadt", der Hommage an die Kölner Sporthalle angesiedelt.
Ruhig und relaxt also die erste Hälfte, und wie es sich bei einem Konzert im Sitzen gehört, gibt es natürlich eine Pause. Und danach dann eine wunderschöne New Orleans Fassung von "Queen vun dä Ihrestrooß", bei dem die Big Band hinter (!) dem Publikum auftaucht und sich durch das Publikum durch auf die Bühne zu den restlichen Musikern gesellt. Klar: "Arsch huh" sorgt dafür, dass sich alle aus ihren behaglichen Stühlen schälen, Helmut greift öfter zur E-Gitarre, nachdem er sich über weite Teile des Konzerts zurückgehalten hat und dem ausgezeichneten Gitarristen der Big Band Gelegenheit gegeben hat, zu brillieren: beim 2. Teil ging die Stimmungskurve nach oben. Nachdem es schon ein Mörder Saxophon Duell im Laufe des Konzertes gab, der Keyboarder (von Niedecken mit dem Spitznamen "der Hexer" versehen) ein Hammond Orgel Solo hingelegt hat, das zu Standing Ovations führte,  war mein Highlight "Verdamp lang her" in einer Gänsehaut Version. Ganz ruhig ging es los, der Text im Vordergrund. Kurze Beteiligung des Publikum beim Refrain, das sich dann aber wieder bei den Strophen zurückhielt, sodass es auch bei diesem so oft gespielten Klassiker was Neues zu entdecken kann. Und dann das Finale des Songs, dass in einem sensationellen Gitarrenduell endete. Viel konnte danach nicht mehr kommen: "Schluss, Aus, OK": der Name war dann Programm.
Fazit: War wirklich was für Fans - im positiven Sinne: nicht die Partykracher standen im Vordergrund, sondern die Lieder und ihre Geschichten. Mann konnte viele bekannte Songs neu entdecken. Meine Highlights des Konzerts (neben "Verdamp lang her"): "Krahnebäume" und "Chippendale Desch".