21. Oktober
2004 - Köln, Philharmonie
Ein
Bericht von Ralf Lukas
Niedecken Köln
- so heisst das neueste Projekt des nimmermüden BAP-Frontmanns, der
mitsamt der WDR Big Band und einigen auserlesenen Gästen wie Passport
-Drummer Wolfgang Haffner sein bisher ungewöhnlichstes musikalisches Werk
ans Tageslicht gebracht hat. Ausgewählt wurde aus seinem langjährigen
Schaffen ausschliesslich Titel, die sich unmittelbar mit Niedecken´s
Heimatstadt beschäftigen. Anders als Kollegen, die weitesgehend ähnliches
versuchten , wie Robbie Williams , der sich als junger Sinatra in der
Royal Albert Hall präsentierte oder Rod Stewart als alternder , aber
dennoch sehr erfolgreicher Soul-Crooner mit seinen American Songbooks ,
bleibt Niedeckens Big Band- Ausflug relativ unspektakulär und
weitesgehend natürlich.
Zum Erscheinen seines Albums mit der WDR Band wurden schnell 5 Live
Termine gebucht, die ihren Abschluss in der Kölner Philharmonie unweit
des Doms fanden. Aus der BAP-Riege wurde lediglich Gitarrist Helmut
Krumminga abkommandiert, während Schlagzeuger Jürgen Zöller und
SONX-Produzent Werner Kopal das Geschehen im Publikum verfolgten. Unter
der Leitung von Arrangeur und Produzent Mike Herting, der temperamentvoll
mit vollstem Körpereinsatz die Herrschaften an Saxophonen, Trompeten und
Posaunen dirigierte, erstrahlte manch ausgelutschtes BAP-Arrangement
im neuen Licht. Dargeboten wurden die 13 Songs des soeben erschienenen
Albums sowie der Zeltinger Hit „Müngersdorfer Stadion“ und die
ultimative BAP-Hymne „Verdamp Lang Her“, die lt. Niedecken zwar
aufgenommen wurde, aber leider auf dem Album fehlt. Höhepunkte in der gut
zweistündigen Show gab es viele. An Stellen, wo ansonsten Krumminga´s
Gitarre aufheult, gab es stattdessen die unterschiedlichsten Saxophon und
Trompeten-Solis, die ausnahmslos hervorragend gespielt wurden. Fröhlich
relaxt hielten sich die Frontakteure Niedecken und Gitarrero Helmut
Krumminga zurück, der lediglich bei „Unger Krahnebäume“ ein
amtliches Feuerwerk seinem Instrument entlockte. Erwähnenswert waren ein
begeisterndes „Nix Wie Bessher“ , ein „Chippendale Desch“ endlich
mit erfreulicherer und ausführlicherer Instrumentierung und das fast in
Vergessenheit geratene „Stadt Im Niemandsland“. Wolfgang erwähnte,
dass er mit dem Arrangement des Stückes stets seine Probleme hatte und
daher dieser Song seit Jahren nicht mehr live gespielt worden war. Die
Protagonisten der gut 20 köpfigen WDR Big Band , die teilweise seriöser
aussahen als sämtliche Tagesschau-Sprecher zusammen, legten zur
allgemeinen Überraschung ein überraschend rockiges „Arsch Huh“ vor
mit einem Keyboarder, der seine Hammond Orgel mit ähnlicher Ekstase
bearbeitete wie ein Billy Preston in absoluter Hochform. Wolfgang
Niedecken schien wesentlich entspannter als bei seinen Auftritten während
der SONX-Tour. Vielleicht tut es ihm gut, das Tagesgeschäft für ein paar
Wochen hinter sich zu lassen. So erfreute sich die Zuhörerschaft
an einem vollkommen ungezwungenen und kurzweiligen Abend mit
entsprechenden Ambiente , der in dieser Form so schnell nicht wiederkommen
wird. Kommerziell wird das Projekt sicherlich keine grossen Wellen
schlagen. Fragwürdig ist, ob man sich das Werk zuhause anhört, aber rein
optisch sprang durch die ungewöhnliche Kombination der Funke live schon
früh über. Auch die schnell
rekrutierte Sängerin Renate Otta, die leider anstatt Sheryl Hackett
zwischen den Herren Niedecken und Krumminga in der Mitte der Bühne platz
nahm, konnte mit ihren doch recht antiquierten Rock´n´Roll Posing und
eher bescheidenen Gesangsleistungen das Gesamtresultat kaum vermiesen. Im
Gegenteil, das Ensemble verliess zurecht unter minutenlangen Standing
Ovation des begeisterten Publikums die Bühne der Kölner Philharmonie.
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