26. März
2007 - Karlsruhe, Tollhaus
"Wolfgang
liest und singt Bob Dylan"
Ein
Foto von Felicitas Ochotta-Grundmann
Fotos von
Michael Marker
Ein
Bericht von Hans-Georg Krumm
Unterwegs im
Auftrag des Herren
Ein gut
gelaunter Wolfgang Niedecken betritt die Bühne und erklärt erst mal, was
einen an diesem Abend erwartet. Er sei schließlich nicht wie sonst als
Niedecken unterwegs, sondern im Auftrag des Herren, und dieser sei ja von
Zeit zu Zeit sehr wortkarg. Mit dem Herren meinte Niedecken natürlich Bob
Dylan und eigentlich ist er im Auftrag des deutschen Verlags von Dylan's
Chronicles Vol. 1 unterwegs, dessen deutsche Fassung er schließlich als Hörbuch
vertont hat. Eine Lesung im Auftrag des Herrn also? Nicht ganz, wie
Niedecken augenzwinkernd erzählt: als 4facher Familienvater weiß er
schließlich, dass das abendliche Vorlesen in der Regel damit endet, das
er vor seinem Publikum, den Kindern, einschläft. Einer Lesereise habe er
nur zugestimmt, wenn er zwischendurch auch mal einen Song des Meisters
spielen dürfte. Er durfte, und so kam das ausverkaufte Tollhaus in den
Genuss einer außergewöhnlichen Veranstaltung, die allen viel Spaß
machte.
Inhaltlich schlägt Niedecken durch die Auswahl der Kapitel einen Bogen
von Dylan's Anfangstagen in New York City, wo Dylan gerade bei
Columbia Records unter Vertrag kam, bis hin zu Dylan's Zusammenarbeit mit
Daniel Lanois, der 1987 das "Oh Mercy" Album produzierte. Dylan
hat Humor, das merkt man und Niedecken bringt das auch kongenial rüber.
So gut, dass er am Ende das Publikum als das lustigste seiner seit 2005
durchgeführten Lesereise kürt. Musikalisch bringt Niedecken Songs, die
zeitlich oder inhaltlich zu den jeweiligen Kapiteln passen, wie zum
Beispiel "It aint me, Babe" zu einer Passage, in der Dylan mit
seinem Ruf als Stimme seiner Generation hadert. Und diese Abwechslung ist
es, die diesen Abend sehr interessant machte. Für Dylan Fans
wahrscheinlich sowieso, aber auch als BAP Fan, der vielleicht vom Meister
nur die Gassenhauer kennt, hatte man an diesem Abend den einen oder
anderen Aha-Effekt. Den Text von "Simple Twist of Faith" kenne
ich doch als "Zofall un e janz klei bessje Glöck" vom "Salzjebäck"
Album, denkt man. Und bei "Ballad of a thin man" will man fast
"Watt ess" vom Affjetaut Album mitsingen. Dass das kein Zufall
ist, erklärt Niedecken bei den Zugaben, als er wieder Ansagen
machen "darf". "Like a Rolling Stone" war das
Aha-Erlebnis für Niedecken in den 60igern, auch wenn er zunächst dachte,
dass es sich um einen Song über die Stones handelte. Aber Mick Jagger sei
das auch so gegangen, fügt Niedecken schmunzelnd hinzu. Während seiner
Zivi-Zeit beendete ein befreundeter Zivi, ein
"Dylan-Wahnsinniger", seine Dylan-lose Zeit von 1970-1976 und
brachte ihn unter anderem auf das "Desire" Album, von dem Niedecken
so begeistert war, das er und seine Band zunächst als
Desire-Coverband auftraten.
"Früher klauten wir bei Dylan, später dann wo anders", so
Niedecken weiter bei einer der vielen Zugaben, die noch so manchen
Leckerbissen bereit hielten. Klar durfte das englisch-kölsche "Like
a rolling stone / Wie 'ne Stein" nicht fehlen. Aber bei der eingekölschten
Fassung von "Every grain of sand" spitzten besonders die BAP
Fans die Ohren, denn es könne durchaus sein, dass dieser Song es auf das
nächste Album schaffe. Mit einem orakelhaften "Im September sehen
wir uns hier wieder" verabschiedete sich gegen 23:10, nach guten 3
Stunden, die nur durch einen "Prosecco-Alarm", sprich
Pause" unterbrochen waren, Wolfgang Niedecken vom Publikum, die
viel Spaß an diesem Konzept hatten. Fazit: "Im Auftrag des
Herrn unterwegs"? Bitte mehr davon!
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